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Märkische Allgemeine Zeitung
9. Februar 2014

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Kegel-Landesmeisterschaft der Seh- und Körperbehinderten in Oranienburg

Blind an der Bohle

 

Rund 30 Sportler trafen sich in der Oranienburger Turm-Erlebniscity zu den Landesmeisterschaften im Bohlekegeln. Blinde, Sehbehinderte, Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte kämpften um die Qualifikation zu den Deutschen Meisterschaften. Lokalmatadoren waren die sehbehinderten Sportler des FSV Forst Borgsdorf.

Das Team des FSV Forst Borgsdorf läuft zur Landesmeisterschaft ein

Das Team des FSV Forst Borgsdorf läuft zur Landesmeisterschaft ein. Die Blinden und Sehschwachen halten sich dabei an dem Vordermann fest, um gemeinsam mit dem Betreuer zur Bahn zu gelangen.
Quelle: Robert Roeske

Oranienburg. "Marion, du stehst neben der Bahn!", ruft der Betreuer einer Keglerin vom SC Rot-Weiß Neuenhagen. Die wollte eigentlich gerade loskegeln. Die zierliche Frau im roten Shirt kichert, tippelt einen Schritt nach links. Thomas Schmidt steht stoisch auf der Bahn nebenan, er lässt sich von Marions kleinem Missgeschick nicht aus der Ruhe bringen. Der 35-Jährige beugt sich tief, hält kurz inne und schiebt die Kugel schließlich mit beiden Händen auf die Bahn. Die rollt sachte, aber schön mittig auf die neun Kegel zu. Am Ende bleibt nur einer stehen. Das erfährt Thomas Schmidt von einem Helfer, der ihm souffliert. Selber sehen kann Schmidt nicht, er ist - wie Keglerin Marion - zu hundert Prozent blind.

Am Sonnabend trafen sich rund 30 Sportler in der Oranienburger Turm-Erlebniscity zu den Landesmeisterschaften im Bohlekegeln. Blinde, Sehbehinderte, Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte kämpften um die Qualifikation zu den Deutschen Meisterschaften. Die Teams kamen aus Vetschau, Luckenwalde und Neuenhagen, Lokalmatadoren waren die sehbehinderten Sportler des FSV Forst Borgsdorf. Thomas Schmidt ist der heimliche Star der Truppe. Ende Juni 2013 holte er den Deutschen Meistertitel des Behindertensportverbands in Brunsbüttel. "Das war aber Zufall, die Bahn war sehr gut." Am Ende, sagt der 35-Jährige, hängt alles von der Tagesform und der Beschaffenheit der Bahn ab. Da unterscheiden sich Behinderte nicht von Keglern ohne Handicap. Sonst ist aber vieles anders. Der Anlauf fällt weg, die Sportler kegeln nach Gefühl.

Als Thomas Schmidt fünf Jahre alt war, wurde seine Welt dunkel. Er war ein Frühchen, kam zwei Monate eher als normal. Sein rechtes Auge war immer blind, beim linken löste sich die Netzhaut ab. Auf Sport wollte er aber nie verzichten. In seiner Jugend schwamm Thomas Schmidt, versuchte sich auch in der Leichtathletik. Seit 2005 ist er beim FSV Forst Borgsdorf. Zweimal in der Woche treffen sich die zehn sehbehinderten Männer, trainieren Kegeln und Torball. Schmidt mag vor allem den Teamgeist beim FSV. "Wir sind eine tolle Truppe, treffen uns auch privat viel", sagt der Oranienburger.

Marina Baumann, Leiterin der Landesgeschäftsstelle des Behindertensportverbandes Brandenburg, kann das mit dem Teamgeist bestätigen. "Das sehen wir bei vielen Sportlern mit Handicap, das Konkurrenzdenken ist nicht so ausgeprägt, sie achten mehr aufeinander." Deshalb bedauert sie es, dass kaum junge Leute mit Behinderungen in die Vereine kommen. Ein Grund sei der Sportunterricht an den Schulen, Lehrer seien oft überfordert. "Wenn es ein, zwei behinderte Schüler in der Klasse gibt, sitzen sie im Sportunterricht häufig nur auf der Bank oder dürfen mal Bälle holen." Der Behindertensportverband, sagt Baumann, ist seit Jahren im Gespräch mit dem Bildungsministerium. Guter Sportunterricht und AGs an Schulen könnten behinderte Jugendliche motivieren, sich in die Vereine zu wagen. Oberhavel hat genügend davon: Neben dem FSV Borgsdorf trainieren auch beim BSV Oberhavel oder dem BSV Fürstenberg Sportler mit Handicaps.

Auch Holger Dreher, Behindertenbeauftragter der Stadt Oranienburg und selbst Kegler in Borgsdorf, wünscht sich frisches Blut für seine Truppe. Das älteste Mitglied wird 80Jahre, der Altersschnitt der Kegler liegt bei über 50. Die Abteilung versuche, über Öffentlichkeitsarbeit an die Jugend heranzukommen. Doch Dreher ist realistisch. Kegeln sei nun mal nicht so populär wie Fußball. "Deshalb finden wir auch seit Jahren keine Sponsoren." Dabei sei das Kegeln nicht nur Spaß, sondern auch ein wunderbares Training für den Alltag. Beispielsweise auf der Straße. "Es schult Gehör, Orientierungssinn und Konzentration", erklärt Holger Dreher.

Thomas Schmidt hat indes noch mal acht Kegel abgeräumt. Für ihn ist der Sport auch Zeitvertreib. Arbeiten kann der 35-Jährige nämlich nicht. "Als Blinder hat man es extrem schwer, einen Job zu kriegen", sagt Schmidt. Und so konzentriert er sich auf den Sport.

Thomas Schmidt landete mit 506 getroffenen Kegeln auf dem zweiten Platz. Bei der Meisterschaft ist er trotzdem dabei.

Von Marco Paetzel

 

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